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TOSHIBA PT-884

Teltape,
das erste volltransistorisierte Tonbandgerät der Welt

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Durch eine Arbeit über Protona / minifon fand ich über den bemerkenswerten Konstrukteur des "Ur-minifons" Willi Draheim, zum "Teltape", welches er gleichfalls ersann.
Das Teltape war das erste volltransistorisierte Tonbandgerät überhaupt.
Es wartet darüber hinaus mit weiteren technischen Details auf, die es zu etwas ganz Besonderem machen.

Simplifizierung oder die hohe Kunst des Minimalismus:
Das Teltape funktionierte in seinen gegebenen Grenzen zuverlässig. Es war, so würde man es vielleicht heute nennen, ein Innovationsträger:
Zum ersten Mal wurde die Transistortechnik konsequent in einem Tonbandgerät realisiert.
Wie weit diese „Konsequenz“ der Vereinfachung beim „TELTAPE“ verfolgt wurde, möchte diese Gerätevorstellung zeigen.

Die 1948 durch die Bell Laboratories (USA) erfundenen Transistoren waren seit Mitte der 50er Jahre erstmals als industriell gefertigte Transistoren verfügbar.
Der Vorteil dieser Transistoren war nicht zuerst die wesentliche Verkleinerung gegenüber den bis 1960 bei den minifon P55 eingesetzten Miniaturröhren wie sie auch zuverlässig in Hörgeräten verwandt wurden. Der entscheidende Vorteil war der Wegfall der für den Betrieb der Verstärkerröhren notwendigen Batterien, insbesondere der Anodenbatterie mit ihrer zum Betrieb der Verstärkerröhren hohen Spannung. (Bei minifon zuletzt immer noch 30V.)

   

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Das Teltape arbeitete mit konventionellem Bandmaterial von 6,3mm Breite auf Bandspulen mit einem Durchmesser von 8cm. Das Vollspurformat ließ nur Aufnahmen in einer Bandrichtung zu. Damit war die Aufzeichnungsdauer stark beschränkt. Es war aber durch Reduzierung der Bandgeschwindigkeit, besonders bei Sprachaufnahmen, möglich die maximale Aufnahmedauer zu erhöhen. Weitere Bandspulen konnten im Transport-"Köfferchen" mitgeführt werden.

     
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Sie wurden im Deckel von Textilgummibändern gehalten. Auf dieselbe Weise konnten dort auch das mitgelieferte Zubehör wie "Stethohörer“, Mikrofon und Schallwandler mitgeführt werden. Weiteres Zubehör hatte im Koffer vor dem Teltape Platz.
Die Bedienungselemente des Teltape sind sehr übersichtlich. Sie befinden sich alle auf der Oberseite des Gerätes.
Das etwas überdimensioniert wirkende rote Lämpchen zwischen den beiden Spulen leuchtet, wenn das Teltape mit dem Druckschalter unterhalb der linken Spule eingeschaltet wird. 

   

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Die einzelnen Bedienungselemente sind lediglich durch rote und/oder blaue Farbtupfer bezeichnet. Blaue Farbtupfer stehen für die „Wiedergabe-Funktion“, rote Farbtupfer für „Aufnahme-Funktion“.
Der Kippschalter, unten in der Mitte, schaltet also das Teltape in der linken Position (roter Farbtupfer) auf Aufnahme, in der rechten Position (blauer Farbtupfer) auf Wiedergabe. 

Welche Ansicht ist die schönere? Das damals hochmoderne schön gestaltete rote Kunststoff-Gehäuse mit seinen nonverbalen, sich selbst erklärenden Bedienungselementen. . .

   

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. . .oder der ein Technikerherz erfreuende Anblick in die Tiefen modernster Elektronik und sauber getrennten und ausgeführten Funktionsgruppen? Für mich gesprochen, wünschte ich mir die Bodenabdeckung aus Acrylglas ;o)
Ein witziges Detail: es gibt am ganzen Teltape nur 5! Schrauben. Schrauben die nicht benötigt werden, müssen folglich auch nicht montiert werden.
Der so mögliche niedrige Verkaufspreis muss einzigartig gewesen sein!

   

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Sicher ist sicher! Der für eine Spannungsfestigkeit von 250V! ausgelegte Kipphebelumschalter, industrielles Standardteil für die Aufnahme-/ Wiedergabe-Umschaltung.
So ist leicht die Absicht zu erkennen, die Herstellungskosten und damit den Verkaufspreis so niedrig wie eben möglich zu halten.

Ein weiteres Beispiel:
Mit dem Drehknopf unter der rechten Spule kann die Drehzahl des Antriebsmotors in einem sehr großen Bereich verstellt werden.

   

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Auch dieser großzügig dimensionierte variable Widerstand der Marke „Prehm“ scheint für die ihm hier zugedachte Aufgabe reichlich Reserven zu haben.
Eine wirkliche Regelung der Bandgeschwindigkeit gibt es nicht. Sinnvoll ist diese Steuerung (nicht Regelung!) nur zur Beeinflussung der Aufnahmekapazität der kleinen 8cm-Spule:
Aus der gemessenen Drehzahl bei "halben Bandwickel" von min. bist max , , ergibt sich eine Bandgeschwindigkeit von min, bis max. cm 1/s.
Leider ist die Einhaltung der Bandgeschwindigkeit / Gleichlaufkonstanz durch den pimpfigen Motor sehr lastabhängig. Kurze Tonhöhenschwankungen werden hingegen durch die beiden massiven metallenen Bandteller, die gleichzeitig als Schwungmasse fungieren, wirkungsvoll unterdrückt. Diese recht schweren Spulenauflagen bilden neben den Batterien den größten Anteil des Gesamtgewichtes des Teltapes.

Der kleine Hebel unter dem "Teltape“-Schriftzug", nennen wir ihn „Laufwerkshebel“, wirkt in drei Positionen auf den Antriebsmotor, dessen Welle aus beiden Seiten des Motorgehäuses herausragt.

   

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Der linke Wellenstumpf hat einen Durchmesser von 2mm, das rechte Wellenende hingegen hat einen Durchmesser von 6mm. Daraus folgt, dass bei gleicher Motordrehzahl der rechte Wellenstumpf eine dreifach höhere Umfangsgeschwindigkeit hat als das linke Wellenende.
- Wird der „Laufwerkshebel“ nach links bewegt, kippt der Motor nach links und seine Welle bekommt Kraftschluss über einen Reibbelag mit dem rechten Spulenteller. Gleichzeitig rastet der Betätigungshebel in einer Kulisse in linker Position ein. 

   

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Nun treibt der gekippte Motor mit niedriger Umfangsgeschwindigkeit den rechten Spulenteller an
=> Normalgeschwindigkeit für Aufnahme bzw. Wiedergabe. 

- In rechter Position treibt bei ebenfalls (mehr oder weniger) konstanter Motordrehzahl das rechte Wellenende den rechten Bandteller mit dreifacher Umfangsgeschwindigkeit an
==>Rückspulen.

   

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Je nach Position des in der Mitte unterhalb des Kipphebels angeordneten Umschalters, ist das Teltape nun im Aufnahme- oder Wiedergabebetrieb.
- Befindet sich der Laufwerkshebel in mittleren Position ist die Motorwelle beidseitig frei und kann deshalb frei drehen
==> Ruheposition.

   

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Die Aufnahme- und Wiedergabe-Elektronik besteht aus 2! (1958) hochmodernen (Germanium-) Transistoren als zweistufiger Verstärker. Diese Schaltung bildet, je nach Stellung des „Aufnahme-/ Wiedergabeschalters“, sowohl den Aufnahme- als auch den Wiedergabeverstärker . Der Verstärkungsfaktor ist gerade ausreichend, um mit dem Vollspurkopf das Band zu besprechen und es anschließend mit einem Kristall-Schallwandler abzuhören.

   

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Die untere Abdeckung bildet eine Pappscheibe, befestigt durch die geringste mögliche Anzahl an Schrauben, welche gleichzeitig drei Standfüßchen halten, - eben minimalistisch.

   

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Das Teltape besaß in der unteren Abdeckplatte zwei Öffnungen, durch die jeweils 2 Batterien der "Baby-"Größe in zwei Batteriefächer eingelegt werden konnten: Je 2 Batterien versorgten den Antriebsmotor bzw. den Transistorverstärker. Eine Abdeckung der Batteriefächer gab es konsequenterweise nicht.
(am Rande: Die Ausbrüche für die Batterien in dem Pappboden sind so genau dimensioniert, dass sich die Batterien sich auf der einen Seite gut einlegen lassen, sie sind aber auf der andern Seite so knapp bemessen, dass die Batterien so gerade am Herausfallen gehindert sind. Betreibt man das Teltape zur Restauration einmal ohne den Boden, fallen die Batterien prompt heraus!
Was besonders gefällt sind die kleinen Details, die pfiffig gelöst, keine zusätzlichen Produktionskosten verursachen: Die Durchbrüche im Pappdeckel zu den Batteriehaltern (Batteriefächer kann man sie nun wirklich nicht nennen) waren unsymmetrisch. Klar – denkt man, die Batterien wollen „richtig herum“ eingelegt sein. Aber, - warum ist die mit „BASE“ benannte Seite mondförmig aus der Bodenp(l)appe ausgenommen? Die „TIP“ betitelte Seite ist rechteckig ausgenommen und zeigt dadurch zweifelsfrei den „Pluspol“ der Batterie. Damit ist die Lage eindeutig, und die „BASE“-Seite kann eine weitere Funktion erfüllen, nämlich Raum zu schaffen für einen Finger, der irgendwann einmal die Batterie wieder heraus nehmen möchte.
Ein weiteres Beispiel? Für den Lage unabhängigen Betrieb ist es notwendig, dass die Bandspulen auf dem Spulenteller fixiert bleiben: Eine simple dünne Gummischeibe auf der Achse unter dem Sicherungsring am Ende des Dreizacks gibt nach, wenn die Spule aufgeschoben wird, und hält diese kleine und damit leichte Spule in allen Lagen sicher auf ihrem Sitz.

   

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Diese kleinen Dinge machen den Charme derartiger Geräte aus. Das Teltape war hierdurch und durch sein geringes Gewicht und Größe trotz, ohne durch seine Einfachheit vollständig mobil.

Ein weiteres Detail:
Das Teltape enthält durch das "Kipp-Motoren-Prinzip“ nur 3 bewegliche Teile; wovon bereits 2 die Wickelteller bilden!

   
   

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Seitlich am Teltape befinden sich jeweils zwei 4mm Buchsen. Hieran kann an der linken Geräteseite ein Mikrofon und an der rechten Seite ein Ohrhörer angeschlossen werden.
Kristall- Schallwandler, waren als Ohrhörer kleiner Transistorradios weit verbreitet. Ein Stethobügel geleitet selbst geringsten Schalldruck in die unmittelbare Nähe beider Trommelfelle.
Der Anschluss von Mikrofon und Ohrhörerbügel erfolgt durch einfache 4mm Bananenstecker wie aus dem Experimentierkasten, einfach, aber funktionell.

   

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Die Aufnahme erfolgt in Vollspur. (Man beachte die vielfältigen Justiermöglichkeiten der Tonkopfmontierung.)

Gelöscht wurde eine Aufnahme durch Einschwenken eines Permanent-Magneten. Wozu braucht man eine Hochfrequenzlöschung bzw. -vormagnetisierung, wenn man sie weglassen kann?

„Soll“ und „Haben“
Auch wenn das Teltape gelegentlich als "Kindertonband" bezeichnet wurde, war es wohl eher ein Spielzeug Technik interessierter Erwachsener. 

Eine ernsthafte Anwendung kann ich mir bei allem Wohlwollen nicht vorstellen.

Das Teltape stand wohl eher für ein Produkt, dass aufzeigt, was in den 50er Jahren mit Witz und Spieltrieb zu realisieren und auch in diesen so genannten „Wirtschaftswunder-Jahren“ zu vermarkten war. Wo dieser Markt stattfand, zeigt deutlich die Beschriftung der Bodenplatte.

Einem Spulentonband-Freund kann dieses nur recht sein, denn bei diesem Hobby sind wir längst über die Anwendungsfrage hinaus!

Das rote TELTAPE hat ein Geschwisterchen bekommen:

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Leider ist es etwas aus der Art geschlagen. Wie auf den Bildern zu erkennen ist, fehlt dem grünen Gerät der Schriftzug "TELTAPE".

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Dieses mag ein äußeres Zeichen dafür sein, dass wegen seines geringen Verkaufspreises und seiner genial einfachen Konstruktion das TELTAPE gerne kopiert wurde. Dieses grüne TELTAPE gehört eventuell zu den Geräten, die nicht mehr unter seinem ursprünglichen Namen vertrieben wurden!?

Außerdem glänzt bei ihm die rote Bereitschaftsanzeige durch Abwesenheit. Dafür ist nun die Lautstärke sowie der Aufnahmepegel variabel.
"Neu" ist auch das Zubehör: Während der Hörer noch an einen "halbierten" 2k-ohm Kopfhörer erinnert, wirkt das Mikrofon trotz seiner eleganten Schale eher wie ein Spielzeug.
(Wobei der Begriff "Spielzeug" für einen Tonbandenthusiasten eher relativ ist.) Trotzdem bildet dieses Mikrofon innerhalb der TELTAPE-Welt einen echten Fortschritt: Bandaufnahmen gelingen damit sehr viel besser.